100 Jahre Deutsche Scholle

100 Jahre alt, aber aktiv wie eh und je

100 Jahre Kleingärtneraktivität in Osnabrück

Am 16. Februar 1916 gab erschien im Osnabrücker Tageblatt eine Ankündigung mit dem Inhalt, das an der „sogenannten“ Limbergerstraße im Stadtteil Wüste Gärten zu verpachten waren. Durch den Einsatz der russischen Kriegsgefangenen wurden an der Limbergerstraße Mitte 1915 Flächen trockengelegt und rigoliert (ca. 50 cm umgegraben). Darum sollten sie auf Beschluss des Magistrats „Russengärten hinter Moskau“ heißen. Jeder Garten hat etwa eine Größe von 600 Quadratmetern (1/2 Scheffelsaat), war mit vier Obstbäumen bepflanzt, und die Einfriedungen sollte mit Weißdornpflanzen besetzt werden. Zu dem Name Moskau eine kleine Erklärung: Im 18. Jahrhundert hatte sich um die Papiermühle Quirlls eine kleine Häuserkolonie gebildet, in der die Arbeiter dieser Mühle mit ihren Familien wohnten. Nach Auflösung dieser Betriebsstätte zogen in die leer stehenden Häuser im November 1813 Donkosaken ein. Es handelte sich dabei um ehemalige Angehörige der napoleonischen Armee, die hier geblieben waren. Durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet bekam dieser Teil der Wüste im Volksmund den Namen Moskau, der bis heute Gültigkeit hat. Es gab auch eine Moskauer Straße mit einem Kaffeehaus „Alt Moskau" von 1832—1913. Später wurde dann auch noch das Freibad „Moskau“ dort gebaut. Im gleichen Jahr (1916) muss aufgrund der großen Nachfrage noch die Fleckendorfer Welle kultiviert und parzelliert werden, so dass damit 185 Gärten auf diesem Gelände entstanden sind. Drei Namen sind überliefert, die als Kleingärtner der ersten Stunde gelten und als Gründungsmitglieder des Vereins gelten: Heinrich Nettemeyer, Heinrich Schliebe und Fritz Steinkamp. Ende Juli 1919 wird eine gesetzliche Regelung des Kleingartenwesens durch die Kleingarten- und Kleingartenpachtlandordnung eingeführt. Zu dieser Zeit hatte sich schon eine Art Verein gebildet. Ab 1922 ist auch der Name des ersten Vorsitzenden Bauer bekannt, leider wurde der Vornahme nicht überliefert. Er war aber wohl Beamter, da ein Zeitungsartikel aus 1936 besagt, dass er kurz darauf nach Hannover versetzt wurde. Die Gründung erfolgte dann offiziell 1922 als Kleingartenverein „Moskau“. Der Verein zählte nun 284 Gärten auf einer Fläche von 11,6 ha. Im Jahre 1930 war der Verein auf 764 Gärten angewachsen.

Am 29. Dezember 1933 wurde der KGV „Moskau“ im Zuge der Gleichschaltung in KGV „Deutsche Scholle“ umbenannt. Die erste Eintragung ins Vereinsregister erfolgte 1940. Aus dieser Zeit (1933-1945) sind wenige Aufzeichnungen erhalten. Was vorhanden war ist während des 2. Weltkrieges verloren gegangen. Nach mehreren unterschiedlichen Gründungsdaten wurde die Gründung des Vereinswesens schließlich auf das Jahr 1916 festgelegt. Währen dieser Zeit leitete Fritz Borgolte den Verein nach der Devise nur nicht auffallen. Er war von 1925 bis 1944 und dann nochmal von1956 -1959 Vorsitzender des KGV. Nach ihm ist auch ein Weg in der Anlage benannt. Nach dem Krieg kam der Verein wieder auf die Beine und wuchs bis 1956 auf 960 Gärten an. Die Pacht betrug damals zwischen 1,5 und 4 Pfennig pro Quadratmeter und der Mitgliedsbeitrag lag bei 2,00 DM. Im Sommer 1952 wurde ein 400 m⊃2; großer Festplatz angelegt. Mit Hilfe der englischen Besatzungstruppen wurde 200 Fuhren Schutt angefahren und planiert. Im Jahr 1960 erhielt der Verein die Erlaubnis ein festes Vereinsheim zu bauen. Das wurde hauptsächlich in Eigenleistungen durch die Vereinsmitglieder realisiert. 2700 Arbeitsstunden wurden geleistet. Das war mit Sicherheit nicht alles. Bestimmt sind viele Leistungen erbracht worden ohne dokumentiert zu werden. Das Vereinshaus wurde dann 1980 - 1981 erweitert. Durch zinslose Darlehen der Mitglieder und über 5700 Arbeitsstunden entstand das Heutige Vereinshaus. Alle Darlehen wurden im Lauf der Jahre zurückbezahlt, so dass der Verein heute ohne Schulden ist. Durch Gebietsreformen entstand die heutige Größe von 704 Gärten in 28 Parzellen, womit der KGV Deutsche Scholle heute der größte zusammenhängende Verein im LNG ist. Die Feiern zu den Vereinsjubiläen 60, 70, 75, 80 und 85 wurden mit bis zu 1100 Teilnehmern im Gymnasium in der Wüste begangen. Die 90-Jahr-Feier fand in einem Festzelt auf dem Vereinsgelände statt. Das 95ste Jubiläum wurde dann im Hinblick auf das 100jährige etwas kleiner im Vereinshaus gefeiert. In der „Scholle“ werden seit über 50 Jahren Zusammenkünfte mit den Bewohnern einiger Osnabrücker Altersheime durchgeführt. Im Sommer finden regelmäßig Kinderfeste statt. Ein Zeitungsartikel aus 1936 berichtet von einem Sommerfest in der Scholle an dem über 600 Kinder teilnahmen. So eine Zahl ist heute nicht mehr denkbar! Das Vereinslokal ist ein Anziehungspunkt für die Bewohner des Stadtteiles Wüste und vieler Fahrradgruppe, das es einen schönen Biergarten hat, der zum Entspannen einlädt.

Seit 2008 wird auf Anregung des damaligen Vereinswirtes Michael Werner ein Osterfeuer mit Kaminholz abgebrannt. Das erste Mal wurde einen gespendete Pappel aus dem Garten eines Rechtanwaltes verbrannt. Danach war es nicht spaltbares Holz eines benachbarten Holzhändlers. Das Feuer ist wohl das sauberste in der Stadt. Diese Veranstaltung wurde zur schönen Tradition. Im Sommer schlug der Wirt dann vor, wegen der vielen Nationalitäten im Verein das Erntedankfest doch international zu gestalten. Seit werden in jedem Jahr Spezialitäten aus den Heimatländern der Gartenfreunde am Vereinshaus zubereitet und verzehrt. Seit 2013 besteht eine vereinseigene Grillhütte am Vereinshaus, in der Ferkel und Lämmer am Spies gebraten werden können. Auch dieses Fest bleibt ein fester Bestandteil des Vereinslebens. Anfang des Jahres 2016 soll mit dem Verein terre des hommes und der Bundesumweltstiftung ein Projekt gestartet werden um traumatisierte Flüchtlingsfamilien wieder ins normale Leben zurück zu führen. Dazu werden diesen ausgewählten Familien Kleingärten zur Verfügung gestellt, die sie dann ganz normal bewirtschaften, wie andere Gartenfreunde auch. Wir hoffen, damit zur Integration und als Lebenshilfe beizutragen. Das Jubiläum soll nun am 13. August 2016 bei einem Fest auf der Wiese vor dem Vereinshaus begangen werden. Zu diesem Fest wird am Morgen der sogenannte „offizielle Teil“ mit den benachbarten Vereinen, den Vertreten der Stadt und der Verbände stattfinden. Ab dem frühen Abend wird dann bei hoffentlich schönem Wetter das 100ährige Bestehen der Kleingartenanlage mit allen Gartenfreunden und Nachbarn begangen. Wir hoffen auf rege Beteiligung!